Liedtext
Wann der silberne Mond durch die Gesträuche blinkt,
Und sein schlummerndes Licht über den Rasen streut,
Und die Nachtigall flötet,
Wandl' ich traurig von Busch zu Busch.
Selig preis' ich dich dann, flötende Nachtigall,
Weil dein Weibchen mit dir wohnet in einem Nest,
Ihrem singenden Gatten
Tausend trauliche Küsse gibt.
Überhüllet von Laub girret ein Taubenpaar
Sein Entzücken mir vor; aber ich wende mich,
Suche dunklere Schatten,
Und die einsame Träne rinnt.
Wann, o lächelndes Bild, welches wie Morgenrot
Durch die Seele mir strahlt, find' ich auf Erden dich?
Und die einsame Träne
Bebt mir heißer die Wang' herab!
Wenn der silberne Mond durch die Gesträuche blickt,
Und sein schlummerndes Licht über den Rasen geußt,
Und die Nachtigall flötet,
Wandl' ich traurig von Busch zu Busch.
Selig preis' ich dich dann, flötende Nachtigall,
Weil dein Weibchen mit dir wohnet in einem Nest,
Ihrem singenden Gatten
Tausend trauliche Küsse giebt.
Überhüllet von Laub, girret ein Taubenpaar
Sein Entzücken mir vor; aber ich wende mich,
Suche dunklere Schatten,
Und die einsame Thräne rinnt.
Wann, o lächelndes Bild, welches wie Morgenroth
Durch die Seele mir stralt, find' ich auf Erden dich?
Und die einsame Thräne
Bebt mir heißer die Wang' herab.
Erstdruck Poetische Blumenlese 1775
Wann der silberne Mond durch die Gesträuche blinkt,
Und sein schlummerndes Licht über den Rasen streut,
Und die Nachtigall flötet,
Wandl' ich traurig von Busch zu Busch.
Selig preis' ich dich dann, flötende Nachtigall,
Weil dein Weibchen mit dir wohnet in einem Nest,
Ihrem singenden Gatten
Tausend trauliche Küsse gibt.
Überhüllet von Laub, girret ein Taubenpaar
Sein Entzücken vor mir; aber ich wende mich,
Suche dunklere Schatten,
Und die einsame Thräne rinnt.
Wann, o lächelndes Bild, welches wie Morgenroth
Durch die Seele mir strahlt, find' ich auf Erden dich?
Und die einsame Thräne
Bebt mir heißer die Wang' herab.
Zum Text
Ludwig Christoph Heinrich Hölty muss ein ungeheuer wissbegieriger Mensch gewesen sein. Schon als kleiner Junge las er alles, was er in die Hände bekam. Man sagt, er sei ein sehr hübscher Junge gewesen. Jedoch wurde er von Blattern entstellt genau in der Woche, in der auch seine Mutter an Schwindsucht starb. Er selbst durfte kaum 28 Jahre alt werden, als auch ihn die Schwindsucht hinweg raffte. 2.1
Das vorliegende Gedicht schrieb Hölty 1774 im Alter von 26 Jahren. Unter dem Titel Die Mainacht erschien es zuerst in Poetische Blumenlese auf das Jahr 1775, herausgegeben von Johann Christian Dieterich in Göttingen. S.210f.
Digitalisat des Erstdrucks auf Hathitrust.org
Weitere Veröffentlichungen:
Gedichte von Ludewig Heinrich Christoph Hölty. Besorgt durch seine Freunde Friederich Leopold Grafen zu Stolberg und Johann Heinrich Voß. Hamburg, bei Carl Ernst Bohn. 1783, S. 167f.